Unter dem historischen Zentrum von Lemberg liegen mehrerer Kilometer unterirdischer Gänge, die aus verschiedenen Zeiten stammen und Besucher wie ein Magnet anziehen. Während die einen auf die Entdeckung irgendwelcher mythische Schätze hoffen, verleitet die anderen die Suche nach der grusligen mittelalterlichen Atmosphäre zum Abstieg in die Unterwelt.
Der berühmteste Tunnel der Stadt ist der künstlich unter dem Gestein der modernen Stadt verborgene Fluss Poltwa. Einst ein schiffbarer Fluss im Herzen von Lemberg, fließt die sich aus verschiedenen Quellen speisende Poltwa auch heute noch unter einer dicken Betonschicht durch die Stadt. Der unterirdische Fluss sammelt alle Produkte der Lemberger Lebenstätigkeit und mündet durch das Flusssystem der westlichen Ukraine und Polens in die Ostsee. Nicht nur einmal hat die Poltwa Menschenleben gerettet: Während des Zweiten Weltkriegs haben sich in der Dunkelheit ihrer Gänge Juden vor den Nazis versteckt und später wurde sie zu einem Zufluchtsort für von den Sowjets verfolgte Ukrainer.
Rund um den Rynok – Platz besaßen fast alle Häuser einen Kellergang oder einen großen unterirdischen Raum. Heute sind die meisten von ihnen allerdings verschüttet. Inzwischen versuchen manche Restaurants ihre Kellerräume wiederherzustellen und zu verwenden. Dies gilt zum Beispiel für die Restaurants „Wenezijskyj Lew“ (Der Venediger Löwe), „Zolotyj Wepr“ (Das Goldene Wildschwein) und „Italijske podvirja“ (Der Italienische Hof) auf dem Rynok – Platz.
„Terra incognita“ der Lemberger Katakomben
Ein Großteil der Lemberger Katakomben bleibt bis heute „terra incognita“ zu der nur Auserwählte zugelassen werden, die eine entsprechende Erfahrungen und Ausrüstung besitzen, mit den Karten der Unterwelt zurecht kommen und über eine offizielle Erlaubnis der Stadtverwaltung verfügen.
Er seit kurzer Zeit ist es möglich, die unterirdische Welt von Lemberg zu erleben und den geheimnisvollen Spuren der Vergangenheit näher zu kommen. Eine geführte Exkursion gibt Besuchern die Möglichkeit auf einer spannenden Route in die Lemberger Unterwelt einzutauchen.
Die unterirdische Tour dauert zwei Stunden und beginnt vor einer Luke, die sich neben den Grand Hotel befindet und in einen unterirdischen Tunnel führt. Der Tunnel ist so breit, dass zwei Menschen mittlerer Statur problemlos aneinander vorbeigehen können.
Unterirdische Tour in Lemberger Katakomben
Die erste Station befindet sich im Keller der Kathedrale des Jesuitenordens, der einst als Lebensmittellager, Krypta und Schuldgefängnis eine wichtige Rolle gespielt hat. An den antiken Mauern sind noch die Handabdrücke ihrer Erbauer zu sehen, man beachte außerdem die Deckenfresken und einige ausgestellte Funde aus dem mittelalterlichen Kellergang.
Das interessanteste Objekt des Jesuitenkellers ist ein aus einem Stück Stein gehauener Sarkophag, der im 18. Jh. gefunden wurde. Um dieses Grab ranken sich zahlreiche Geheimnisse und Mythen, auf die wir an dieser Stelle aber nicht näher eingehen wollen…
Der nächste Halt ist im Keller der ältesten Apotheke von Lemberg, die schon 1775 gegründet wurde. Diese trug den Namen „Pid tschornym orlom“ (Unter dem schwarzen Adler) und wurde ausschließlich als Apotheke genutzt. Erst 1964 wurden die Keller der Apotheke der Öffentlichkeit als Museum zugänglich gemacht. Seitdem vermitteln sie den Besuchern die Geschichte der Pharmazie. Hier können sie das Zimmer des Alchimisten besichtigen und den so genannten „eisernen Wein“ trinken.
Der letzte Halt wird in der Katakombe des Bernhardinerklosters gemacht. Leider ist heute nur ein begrenzter Teil davon zugänglich, nämlich derjenige, der sich unter der Galerie „Dsyndra“ befindet. Der Kellergang dieser Galerie ist Teil des Museums für moderne ukrainische Kunst und Glaswaren. Der Rest der Katakombe ist entweder nicht erhalten geblieben oder zur Zeit noch nicht vom Verbruch befreit.
Es geht das Gerücht, dass die Katakombe des Bernhardinerklosters mit dem Nonnenkloster der Klarissen verbunden war, das gegenüber auf dem Mytna – Platz gelegen ist.